Ruysch, eine der bedeutendsten Stilllebenmalerinnen des Goldenen Zeitalters, war bekannt für ihre detailreichen, lebendigen Blumenarrangements, die über die reine Ästhetik hinaus tiefere symbolische Bedeutungen transportierten. Ihre Werke verbanden wissenschaftliche Genauigkeit mit künstlerischer Virtuosität und inszenierten die Natur als gleichermaßen prachtvoll und vergänglich.

Claudia Larcher greift diese Tradition auf und überführt sie ins digitale Zeitalter. Mithilfe künstlicher Intelligenz und digitaler Medien erschafft sie futuristische Stillleben, die Vergangenheit und Gegenwart, Natur und Technologie sowie Kunst und Konsumkultur miteinander verschmelzen lassen.

Wie ein Echo aus einer anderen Zeit entfalten sich die Stillleben vor dunklem Grund - doch hier blühen keine vergänglichen Rosen, sondern Blüten aus Plastik, Glas und Pixeln. Eine künstliche Flora wächst zwischen vertrauten Relikten unserer Gegenwart: eine gesprungene Smartphone-Oberfläche ersetzt das fragile Glas vergangener Jahrhunderte, eine goldene Uhr als Sinnbild der verrinnenden Zeit - ein Zeichen der beschleunigten Gegenwart. Ein lächelndes Emoji - starr, unbeweglich - erinnert an die Vanitas-Symbole alter MeisterInnen, doch sein Ausdruck ist stumm, digital konserviert. Über den Blüten schwebt eine mechanische Biene, ein Wesen aus Drähten und Algorithmen, ein Verweis auf die komplexen Beziehungen zwischen Natur und Technologie in Zeiten des Klimawandels und des Artensterbens.

Die Farben leuchten kräftig, die Formen sind scharf geschnitten, jedes Element schwebt an der Grenze zwischen Realität und Simulation. Claudia Larchers Arbeiten sind keine Abbilder der Natur, sondern ihr digitales Echo - ein Tableau der Moderne, in dem Vergangenheit und Zukunft, Leben und Konstruktion, Schönheit und Vergänglichkeit miteinander tanzen.

Ein besonderes Highlight der Ausstellung ist die interaktive Komponente: mithilfe der Augmented-Reality-App Artivive können Besucher:Innen das „Original“-Quellbild von Rachel Ruysch in den digitalen Kompositionen entdecken und so den Dialog zwischen Barockmalerei und digitaler Kunst selbst erleben.

Mit der Ausstellung Floral Fiction gelingt es Claudia Larcher, die klassische Kunstform des Stilllebens neu zu beleben und ihre Relevanz für das 21. Jahrhundert eindrucksvoll zu aktualisieren. Die Ausstellung lädt dazu ein, über die Verbindung von Kunst, Technologie und unserer modernen Lebensrealität nachzudenken und den Blick für die Vergänglichkeit - und die Schönheit - unseres digitalen Zeitalters zu schärfen.

Biografie

Claudia Larcher ist Künstlerin, Filmemacherin und KI-Forscherin, die Fotografie nicht nur als technisches Medium, sondern als global vernetzte Praxis mit sozialer und politischer Bedeutung versteht. Ihre Arbeit umfasst Videoanimation, Collage, Fotografie und Installation und konzentriert sich auf die Auswirkungen und experimentellen Anwendungen von künstlicher Intelligenz. Durch die Kombination traditioneller und moderner Methoden der Bildproduktion übersetzt sie digitale Konzepte in physische Räume und erforscht die Materialität des Digitalen und die Wahrnehmung der Realität. Ihre Praxis ist in einer „phygitalen“ (physischen und digitalen) Perspektive verwurzelt und definiert die Grenzen zwischen traditionellen und modernen Medienformen neu. Sie untersucht die Interdependenz von Fotografie und künstlicher Intelligenz, die Materialität algorithmischer Bilder und die Beziehung zwischen Fotografie und Ökologie und trägt damit zu aktuellen Debatten über digitalen Humanismus und automatisierte oder posthumane Fotografie bei.

Sie lebt in Wien und hat ihre Arbeiten in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland präsentiert, darunter Tokyo Wonder Site (Japan), Slought Foundation Philadelphia, Weimarer Kunstfest, Centre Pompidou (Paris), Ars Electronica Festival (Linz), Gray Area Festival San Francisco, Museum of Contemporary Art in Roskilde, Manifesta 13 und Anthology Film Archives in NYC. Derzeit nimmt sie am ARTTEC Programm des AIT (Austrian Institute of Technology) teil.

www.claudialarcher.com

Praktische Informationen

Vernissage : 03.07.2025, 19-21 Uhr
Ort : Brahaus, Montée du Château,  L-9710 Clerf

Öffnungszeiten: Fr - Di : 11-18 Uhr